Zeitz

Silver Tiles

Die Zahl 1 in Gold, skizziert von Mike Fleischer.

Die Idee

Eine Giebelwand, die Geschichte und Moderne in einzigartiger Form verbindet.

„Hallo Mike, eventuell ein Projekt für euch?“

Der Ort: das ehemalige Hauptgebäude des Zeitzer Kinderwagenherstellers E. A. Naether, zu DDR-Zeiten bekannt unter dem Namen ZEKIWA (Zeitzer Kinderwagen). Das historische Gebäude sollte künftig das Stadtarchiv von Zeitz beherbergen.

Während die Straßenfassaden in aufwändiger Klinkerbauweise mit Gesimsen und Verzierungen erhalten blieben, präsentierte sich die Giebelwand roh und schmucklos. Auf den ersten Blick ein vermeintlich einfaches Vorhaben – ein Blech als Witterungsschutz, und fertig. Doch genau das wollten weder Thoma Architekten noch wir.

Eine gerade, massive Wand ohne Fenster, Gesimse oder Ornamentik wirkt leblos und monumental. Der Entwicklungsprozess begann mit zwei Grundideen:

1. Der Schriftzug „Zeitzer Stadtarchiv“ sollte sichtbar sein.

2. Ein Bezug zur Geschichte der Kinderwagenproduktion sollte hergestellt werden.

Fassadenaufbau: Unterkonstruktion, Dämmung, Steckfalzpaneele (Treppenhaus) und Kassettenverkleidung (Giebel).

Flächen:

180 m² Steckfalzpaneele

385 m² Kassetten.

Material: Bandbeschichtetes Aluminium.

Oberfläche: Lackiert in NCS S 3502, Glanzgrad 80 %.

Dicke: 1,0 mm.

Die Zahl 2 in Gold, skizziert von Mike Fleischer.

Entwicklungsprozess

Der Weg von der Idee zur Umsetzung war komplex und alles andere als geradlinig. Das Design war eine besondere Herausforderung, die zahlreiche Anpassungen erforderte.

Strukturierung der Fassade

Eine schnelle Erkenntnis war, dass die Fassade durch Kassetten strukturiert werden musste, um die Fläche optisch zu brechen. Doch gewöhnliche, flache Kassetten hätten das Problem der Monotonie nicht gelöst. Daher entschieden wir, die Sichtseiten der Kassetten dreidimensional zu gestalten, indem jede Kassette eine diagonale Kantung erhielt, die an einen Grat erinnerte.

Zusätzlich sollte der Schriftzug „Zeitzer Stadtarchiv“ und das Motiv eines Kinderwagens als perforiertes Lochbild umgesetzt werden. Hierbei entstand der Eindruck eines Nadeldruckers, der Buchstaben und Bilder aus einzelnen Punkten zusammensetzt.

Die Zahl 3 in Gold, skizziert von Mike Fleischer.

Drei Herausforderungen

Erste Herausforderung: Nicht nur die horizontalen Linien mussten sich treffen, sondern auch die vertikalen. Kreuzfugen – die hohe Kunst. Keine Möglichkeit, Fehler auszugleichen. Es musste passen. Es gab keine andere Chance.

Zweite Herausforderung: Alle Fugen sind geneigt. Keine Wasserwaage, kein Laser. Nichts. Oldschool. Messen, Linien um das gesamte Gebäude anlegen und immer wieder prüfen.

Dritte Herausforderung: Man begann nicht an einer Stelle mit der Montage, sondern musste geometrisch bedingt an zwei Stellen, zwanzig Meter voneinander entfernt, starten – und sich in sechs Metern Höhe auf den Millimeter genau treffen.

Die Zahl 4 in Gold, skizziert von Mike Fleischer.

Finale Umsetzung

Das Dach? Ganz ähnlich. Dach oder kein Dach – das war hier die Frage. Die letzte Geschossdecke: wasserdicht. Darauf die Lüftungsanlage, kubikmeterweise Luftbewegung. Wohin? Durch das Dach. Wie? Lamellen im Stahlbau. Soweit, so einfach.

Dacheindeckung? Schindeln. Form: Parallelogramm. Lamellen? Im Rahmen. Form: Parallelogramm. Fugenbild? Durchlaufend – wie die Schindeln. Toleranzen? In den Schindeln kaum, im Stahlbau viele. Und nun?

Wir entwickelten ein Konzept, das mit genau diesen Bedingungen umgehen konnte. Die Lamellengitter wurden nicht im Stahlbau befestigt, sondern auf einer ausgleichbaren Tragkonstruktion oberhalb des Stahlbaus. Somit konnten sie sinnbildlich „schwimmen“ und sich dem Fugenbild der Schindeleindeckung anpassen. Raster anlegen, einmessen, Linien ziehen – los ging’s. Und es funktionierte.

Projektansichten

Weitere Werke