Golden Cocoon

The same procedure
Kein Schnaps, kein Butler, kein Tigerkopf.
Aber der Ablauf gleicht jedem Projekt: Der Kunde kommt mit einer Idee. Ich höre zu, mache mir meine Gedanken und präsentiere meinen Entwurf. Der kann nahe an der Idee sein oder – wie beim Baumhaus in Wuppertal – Galaxien entfernt. Die Idee des Kunden war eine goldene Schindelverkleidung. Meine Idee war die eines Kokons: in der Luft hängend, mit goldenen Fäden eingesponnen, das Leben im Inneren beschützend.
Mein Entwurf war von der Idee des Kunden so weit entfernt, dass es für ihn ein langer Weg bis zur Entscheidung war. Um ein Gefühl für die Wirkung des Kokons zu bekommen, bauten wir ein Muster im Maßstab 1:10. Die Meinungen seiner Freunde, denen er den Entwurf zeigte, gingen weit auseinander. Am Ende hatte er jedoch den Mut und sagte: „Ja.“ Das war der Startschuss, die Idee in die Wirklichkeit umzusetzen. Das Baumhaus als reiner Holzbau steht auf einer auf Stützen stehenden Stahlplattform. Die Stützen waren für uns die Fäden, die den Kokon in der Luft halten. Bis auf diese sollte alles verschwinden, sodass nur die reine Form des archetypischen Hauses übrig blieb. Für die schützende Hülle ließen wir Aluminium im mattesten Schwarz, das am Markt erhältlich ist, beschichten. Es durfte keine Reflexion erzeugen, sollte verschwinden und die perfekte Bühne für die goldenen Fäden bilden.
Komplette Einhüllung des Gebäudes
Gesamtfläche: 135 m²
800 m goldene Bänder
Material: wasserführende Ebene aus pulverbeschichtetem Aluminium
Bänder aus goldfarbenem, beschichtetem Aluminium
Dicke: 2,0 mm und 1,0 mm




Vom Gedanken zum Papier
Die Verlegung der Fäden stellte uns vor die Frage: Wo beginnen wir mit der Verlegung, und soll das Ende genau zum Anfang passen? Es war eine kurze Diskussion, denn wie Apple das nicht sichtbare Innere seiner Produkte gestaltet, so arbeiten auch wir im nicht sichtbaren Bereich. Wir beschlossen, am First zu beginnen und am First zu enden. Alle Fäden treffen sich genau dort wieder, ohne einen Versatz.
Im nächsten Schritt lösten wir das Problem der sichtbaren Befestigung – für uns ein Graus und wenn möglich immer zu vermeiden, auch wenn es Anstrengung bedeutet. Diese Anstrengung hat sich auch beim Kokon gelohnt. Wir entwickelten Scheiben, die auf den Rippen der schwarzen Hülle befestigt wurden und über die wir die goldenen Streifen schoben. So entsteht die Illusion der tatsächlichen Einspinnung eines Kokons.
Auf der Frontseite folgten wir unserem Konzept der rahmenlosen Fenster: Die schwarze Kassettenverkleidung trifft exakt auf das Glas.

Finale Umsetzung
Für die Rückseite erhielten wir im Bauprozess eine Zusatzaufgabe: Ein Fenster befindet sich direkt in der Dusche, das andere am WC. Die Privatsphäre musste geschützt werden. Für uns war das nur mit Schiebeläden lösbar, allerdings unter einer selbstgestellten Bedingung: Sie mussten sich in die Fassade integrieren und durften nicht überstehen.
Um das zu lösen, verlängerten wir kurzerhand das Haus, um Platz für die Schiebeläden zu schaffen. Dann galt es noch, das Design der Schiebeläden zu entwickeln. Wieder stellten wir uns zwei Bedingungen: Erstens blickdicht, zweitens lichtdurchlässig. Die Wahl fiel auf ein streifenförmiges Lochbild – außen horizontal, innen vertikal. Überall dort, wo sich zwei Streifen kreuzen, entsteht nur ein kleines viereckiges Loch. Das Licht- und Schattenspiel im Gebäude gleicht einer Illusion: Von innen sieht man horizontale Schlitze, während an Wand und Boden Lichtpunkte entstehen.
Mut und absolutes Vertrauen des Kunden waren die Grundlage für dieses einzigartige Projekt.