Metallic Waves
Blockheizkraftwerk
Alles beginnt mit einer Idee. Und folgender Antwort auf die E-Mail-Anfrage von Susann Stiehl, thoma architekten Leipzig: „Bitte mal den Entwurf schicken. Vielleicht kann man für das Geld der Kalzip-Fassade etwas Fassadenpreiswürdiges bauen.“ Aus Spaß wurde Ernst. Im ersten Treffen entwickelten wir für die Fassade des Blockheizkraftwerks den Gedanken des Energiewirbels, dargestellt durch dreieckige Schindeln, die sich optisch in Zylinderform drehen. Bereits drei Tage später waren die Gedanken in die bis zur Fertigstellung kaum noch veränderte Fassadenansicht gezeichnet. So schnell kann’s gehen. Die zwei größten Aufgaben lagen da noch weit vor uns: Bekommen wir die Stadtwerke Leipzig als Bauherrn überzeugt, und wie lösen wir die Kreuzungspunkte von sechs Schindeln, ohne dass dicke Knubbel entstehen? Der nächste Schritt war die Auswahl der Oberfläche. Unsere Idee war, die Umgebung diffus auf die Fassade zu holen – das Grün der Bäume, das Blau des Himmels, die Straßenlampen als Lichtpunkte bei Nacht. Die Fassade sollte sich über den Tag verändern, nie im gleichen Bild erscheinen. Wir entschieden uns für matt poliertes und eloxiertes Aluminium. Mit diesem Konzept ging es zum Bauherrn und zum Stadtgestaltungsamt, in der Hoffnung, dass es überzeugt. Es überzeugte – trotz zum Teil heftigem Gegenwind. Nun lag die Last auf unseren Schultern, die Machbarkeit zu beweisen und optisch zu überzeugen. 3D-modelliert, mit dem Laser geschnitten und immer wieder den Kreuzungspunkt bauend, dauerte es einen Tag, bis wir den Kreuzungspunkt aus zwölf Lagen Material so modelliert hatten, dass dieser absolut flach erschien. Ab diesem Zeitpunkt war der Berg geebnet. Jetzt hieß es, ein Konzept zu entwickeln, um unseren Monteuren vor Ort eine fehlerfreie Montage zu ermöglichen. „Malen nach Zahlen“ stand hier Pate. Die Fassade besteht aus 20 verschiedenen Schindeltypen, in der Höhe alle gleich, in der Breite jede unterschiedlich, um den Effekt der Drehung zu erzielen. Beim Laserzuschnitt wurde jeder Schindel ein Buchstabe eingraviert. Mit einem dazu passenden Plan als Landkarte konnten wir unsere Monteure auf die Reise schicken, um die fast 4.000 Schindeln zu montieren. Und sie fanden ohne Umwege den Weg zum Ziel. Zu diesem Zeitpunkt drehte der MDR die Serie „Zeigt uns eure Welt“ über das Handwerk und filmte die Montage am Blockheizkraftwerk. Sara von Neuburg durfte dabei das erste Mal in ihrem Leben mit einer Blechschere arbeiten. Für alle ein amüsantes Ereignis. Mit diesem außergewöhnlichen Projekt bewarb sich thoma architekten beim Deutschen Fassadenpreis des Fachverbandes Vorgehängte, Hinterlüftete Fassaden – der Oskar unserer Branche. Die Verleihung am 29.09.2022 in Berlin wurde von uns allen mit Spannung erwartet. Einstimmig hatte sich die Jury für das Blockheizkraftwerk Leipzig entschieden. Dieses Projekt ist ein hervorragendes Beispiel für moderne Fassadengestaltung.
Thoma + Mike Fleischer
www.Thoma-Architekten.de